Theoretischer Hintergrund 11
_________________________________________________________________________
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Definition und Epidemiologie der Panikstörung mit Agoraphobie
Die Panikstörung mit Agoraphobie ist nach dem DSM-IV (APA, 2000) gekenn-
zeichnet durch das wiederkehrende Auftreten unerwarteter Panikattacken und der
Angst, an Orten zu sein, von denen eine Flucht schwierig oder peinlich sein könnte
oder an denen im Falle einer unerwarteten oder durch die Situation begünstigten
Panikattacke oder panikartiger Symptome Hilfe nicht erreichbar sein könnte. Auf
wenigstens eine dieser Attacken hin muss mindestens einen Monat lang a) die
anhaltende Besorgnis über das Auftreten weiterer Panikattacken oder b) Sorgen
über die Bedeutung der Attacke oder ihre Konsequenzen (z.B. die Kontrolle zu
verlieren, einen Herzinfarkt zu erleiden, verrückt zu werden) oder c) eine deutliche
Verhaltensänderung infolge der Attacken auftreten. Die Situationen werden bei-
spielsweise vermieden oder nur mit deutlichem Unbehagen oder mit Angst vor dem
Auftreten einer Panikattacke oder panikähnlicher Symptome durchgestanden bzw.
können nur in Begleitung aufgesucht werden.
Im Vergleich zur reinen Panikstörung gilt Panikstörung mit Agoraphobie als die
schwerwiegendere, denn sie beginnt früher, dauert länger, führt zu stärkeren Ein-
schränkungen aufgrund des Vermeidungsverhaltens und beinhaltet häufig Achse I-
Komorbiditäten nach DSM-IV (Schmidt-Traub, 2008). Die Missinterpretation
körperlicher Symptome und deren negative Bewertung sind meist der Grund dafür,
dass Panik- und Agoraphobiepatienten das medizinische Versorgungssystem über
Gebühr in Anspruch nehmen. Dadurch werden sie zu einem nicht zu unter-
schätzenden Kostenfaktor für das Gesundheitssystem (Swinson, Soulios, Cox &
Kuch, 1992; Wittchen & Jacobi, 2005).
Die Epidemiological Catchment Area (ECA) Studie von Regier, Narrow und Rae
(1990) geht davon aus, dass die Lebenszeitprävalenz von Panikstörung bei 1,6%
und die für Agoraphobie bei 5,2% liegt. Nach der National Comorbidity Survey
Replication (NCS-R) Studie von Kessler et al. (2006) liegt die Lebenszeitprävalenz
von Panikstörung ohne Agoraphobie bei 3,7% und für Panikstörung mit Agoraphobie
bei 1,1%. In einem Review von Goodwin et al. (2005) zur Epidemiologie von Panik-
störung und Agoraphobie in Europa wird die 12-Monats-Prävalenz für Panik auf 1,8%
geschätzt und für Agoraphobie (ohne Panik in der Vorgeschichte) auf 1,3%.
Commentaires sur ces manuels